Ich hatt´ einen Kameraden
(Der gute Kamerad)

Text: Ludwig Uhland 1809
Melodie: Silcher?

Wer kennt es nicht, das sentimentale, rührselige Lied vom guten Kameraden? Heute gern gesungen und gespielt bei feierlichen Anlässen, Beerdigungen usw. Aber wo liegen die Wurzeln dieses Liedes? Im Folgenden soll versucht werden, die Entstehungsgeschichte dieses Liedes darzustellen und eine Antwort auf die Frage geben: Ist dieses Lied schon in den Befreiungskriegen gesungen worden?

Zum Text:
Fangen wir mit dem Dichter des Liedes an. Ludwig Uhland, geb. 26.04.1787 in Tübingen, gestorben am 13.11.1862 ebd.
Uhland hatte das Lied vom "Guten Kameraden" bereits 1809 anlässlich des Tiroler Freiheitskampfes unter Andreas Hofer geschrieben, es sollte in einem Karlsruher Fliegenden Blatt "Vier schöne neue Kriegslieder zum besten der Invaliden des Feldzuges" erscheinen, traf aber zu spät ein. Als J. Kerner das Gedicht 1812 in seinen "Deutschen Dichterwald" aufnahm, mussten 15.000 Württemberger beim Russlandfeldzug Napoleons mitmarschieren, nachdem sie von König Friedrich I. von Württemberg an Napoleon verkauft worden waren.
[aus H.J.Dahmen, Friedrich Silcher, S. 132]

"........im gleichen Jahr [1812] erschienen weitere Gedichte im "Poetischen Almanach für 1812", darunter das zum Volkslied gewordene "Ich hatt´ einen Kameraden" und Übersetzungen aus dem Altfranzösischen und Spanischen.
[Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Band XII]

S.202. Der gute Kamerad. - G. Scheurlins "Wir zogen mit einander" (s. S. 132) hat offenbar die Vorlage für dieses zum Volksliede gewordenen Gedichtes gebildet.
[von Oppeln Bronikowski, Deutsche Kriegs-und Soldatenlieder]

Zur Melodie:
Philipp Friedrich Silcher, geb.27.07.1789 in Schnaith, gestorben am 26.08.1860 in Tübingen. Hinter dem Namen Silcher steht ein Fragezeichen. Hat er nun die Melodie komponiert oder nicht? Gehen wir dieser Frage einmal nach.

Der große Volksliedsammler Ludwig Erk schrieb:
Ich hatt´ einen Kameraden - Die Melodie rührt nicht von Silcher her (wie sonst fast überall angegeben wird), ist aber durch Silcher´s "Volkslieder für Männerstimmen" verbreitet worden.
[Erk´s Liederschatz, Erster Band, Anmerkungen S.5, Nr.151]

In der Vorrede zum 9. Heft seiner "XII Volkslieder für vier Männerstimmen" 1849 schreibt er [Silcher]: " In dem Liederbuch für deutsche Studenten (Halle 1848) sind auch 2 Volksmelodien mit meinen Namen bezeichnet, die ich nicht komponiert haben möchte und zwar zu den Liedern " Ich hatt´ einen Kameraden" und " Bin ein und ausgegangen". Im Vorwort zum 1.Heft seiner "XII Deutschen Volkslieder für 1-2 Singstimmen" op.22 (1835) hatte er bereits gesagt: "Diese Melodie "Guten Kameraden", schon einige Male zu Unrecht dem Herausgeber zugeschrieben, stammt aus dem Munde des Volks." Ergänzend schreibt Silcher auf einer handschriftlichen Aufstellung "Alte Melodien", die er an Uhland gesandt hat (aus dem Uhland-Nachlass) " Ich hatt´ einen Kameraden" (aus der Schweiz, in 4/4 Takt verändert v. Silcher". Es handelt sich hier um das Volkslied " Ein schwarzbraunes Mädchen hat ein´n Feldjäger lieb", das Silcher bei seinen vielen Besuchen in der Schweiz sicherlich dort aufgenommen hat.
[H.J. Dahmen, Friedrich Silcher, S. 131]

Ich hatt´ einen Kameraden. Gedicht von Uhland 1809. Die Melodie ist wohl mit Sicherheit zurückzuführen auf die alte Volksweise: "Ein schwarzbraunes Mädchen hat ein Feldjäger lieb" vgl. Meier, Schwäbische Volkslieder, 1855, S.234 und Melodie Nr. 3 Silcher II, 4. (Vgl. Teil II, S.70)
[Bopp, Friedrich Silcher, S. 185]

Ich hatt´ einen Kameraden... 3 Str. Verfasser Ludwig Uhland. Zur Melodie äußert Silcher: 2 Diese Melodie, schon einige Male mit Unrecht dem Herausgeber zugeschrieben, stammt aus dem Munde des Volkes" EB.III [Erk-Böhme, Deutscher Liederhort, Band III], 1417 bezeichnet die Volksweise " Ein schwarzbraunes Mädchen hat ein´n Feldjäger lieb" ( vgl. Meier, Schwäbische Volkslieder, 1855, Nr. 125, Melodienanhang, Nr. 3 als Grundlage zur Melodie bei Silcher. Hier ist zuerst die Melodie mit Uhland´s Text verbunden gedruckt. Böhme, Volkstümliche Lieder, 573 datiert hier: Heft II, 1825.- HP.633 [Hoffmann von Fallersleben, Unsere volkstümlichen Lieder] - Silcher P.A. 3 [Silcher, Volkslieder, Partiturausgabe]
[Gabriel Brügel, Kritische Mitteilungen zu Silcher´s Volksliedern, zugleich ein Beitrag zur Volksliedforschung]

Zusammenfassend kann gesagt werden, das Silcher durch weglassen bzw. hinzufügen von ein paar Takten die Melodie von " Ein schwarzbraunes Mädchen hat ein´n Feldjäger lieb" verändert hat. Silcher hat lediglich verändert, nicht komponiert. Dies geschah auch erst deutlich nach 1815. Also konnte dieses Lied nicht in den Befreiungskriegen gesungen werden. Die einzelnen Komponenten (Text 1809, Melodie aus dem 16.Jahrhundert) existierten getrennt voneinander bereits.

Ich danke an dieser Stelle Frau Rauscher vom Silcher-Museum in Schnait [Silcherstr.49, 71384 Weinstadt-Schnait] für ihre Unterstützung.


Hilden im Jahre 2004

Michael Czaika